Stellungnahme des Berlin Brandenburger Vereins homöopathischer Ärzte (BVhÄ) zum Antrag der SPD-Berlin-Pankow, die Homöopathie aus dem Gesundheitssystem zu verbannen

Die SPD-Pankow fordert die Bundesregierung und den Berliner SPD-Landesparteig am 26. Oktober auf, ihrem Antrag 184/II/2019 „Nichts für Ungut! – Sonderstellung der Homöopathie beenden“ zu folgen. Der BVhÄ hat diesen Antrag einem Fakten-Check unterzogen.

Vorbemerkung

Rund 75 Prozent der  Bevölkerung wünscht sich ein Miteinander von homöopathischer Medizin, anderer besonderer Therapierichtungen und der konventionellen Medizin. Dieser Ansatz wird laut Hufelandgesellschaft auch bereits von etwa 60.000 Ärztinnen und Ärzten in Deutschland in ihrer täglichen Praxis angewendet. Der Bertelsmann Gesundheitsmonitor 2014 stellt fest: „84 Prozent der Befragten geben an, den Arzt gezielt wegen der homöopathischen Behandlung aufgesucht zu haben. …Als häufigstes Motiv für den Besuch nennen die Teilnehmer, dass anderswo zuvor keine Besserung erzielt worden war (49 Prozent).“ Allein in Berlin praktizieren nach Auskunft der Landesärztekammer über 400 Ärztinnen und Ärzte mit der Zusatzbezeichnung Homöopathie, die durch die Ärztekammer vergeben wird. Diese Ärzte haben eine etwa 10-jährige medizinische Ausbildung durchlaufen und sind in aller Regel Fachärzte, berichtet ein Berliner Allgemeinmediziner im Interview zur ärztlichen Weiterbildung.

Patienten würde ihr Recht auf Selbstbestimmung und Therapievielfalt genommen werden, wenn diesem Antrag zugestimmt würde. Fakt ist, die konventionelle Medizin stößt bei chronischen und wiederkehrenden Erkrankungen immer öfter an ihre Grenzen. Deshalb bilden sich viele Ärztinnen und Ärzte in Homöopathie fort, damit sie diesen Patienten besser helfen können. Da die SPD-Pankow nur noch evidenzbasierte Medizin durch die Kassen erstatten lassen möchte, wird das medizinische Angebot recht dürftig, da nur rund 20 bis maximal 30 Prozent diesen Maßstäben in der konventionellen Medizin gerecht werden. In der Kardiologie sind beispielsweise nur lediglich 14.2 Prozent der Anwendungen und in der Onkologie sogar nur 6 Prozent durch gute Studien belegt.

SPD-Forderung 1: Die Kostenerstattung durch die GKV

Homöopathische Medizin ist keine GKV-Regelleistung in Deutschland. Den Kassen ist aber im Rahmen von Satzungsleistungen freigestellt, die ärztlichen Kosten zu übernehmen, wenn die Behandlung durch speziell ausgebildete Ärzte durchgeführt wird. Rund 2/3 der Kassen übernehmen die Therapiekosten und haben damit gute Erfahrungen gemacht. Einzelne Kassen übernehmen teilweise auch die Arznei-Kosten. Lediglich 0,03 % der GKV-Ausgaben gehen zu Lasten der Homöopathie und damit der Solidargemeinschaft oder wie kürzlich die Barmer twitterte:  Von 100 ausgegebenen  Euro entfällt 1 Cent auf die Homöopathie. Eine Gegenrechnung, wieviel Beitragsgeld durch Homöopathie-Patienten eingespart wird, ist nicht bekannt. Den Großteil der Arzneimittelkosten zahlen Patienten auch schon heute selber.

SPD-Forderung 2: Der Status „Arzneimittel“ für Homöopathika

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) regelt die Registrierung der Homöopathika und stellt Qualität und Unbedenklichkeit fest. Dies geschieht im Sinne des Patientenschutzes, mit Erfolg. Gefährdungen von Patienten durch regelkonforme Einnahme von Homöopathika sind nicht bekannt. Die Herstellung der homöopathischen Arzneimittel ist im Homöopathischen Arzneibuch (HAB) sowie im Europäischen Arzneibuch (Ph.Eur.) detailliert festgehalten und garantiert einen europaweiten Herstellungsstandard.

SPD-Forderung 3: Aufhebung der Apothekenpflicht

Auch die Apothekenpflicht ist im Sinne des Patientenschutzes wichtig und muss erhalten bleiben. Da Homöopathika ohne Indikation abgegeben werden, ist eine Beratung durch Apotheker wichtig – zumal der Großteil der Homöopathika ohne Verordnung für die Selbstmedikation von Patienten erworben wird. Im Interview sagt eine Berliner Apothekerin: „Gerade homöopathische Arzneimittel erfordern eine besondere Beratung, da sie in der Regel keine Angabe von Indikationen und keine typische Gebrauchsanweisung enthalten.“

Studien belegen die Wirksamkeit der Homöopathie

„Angesichts fehlender Plausibilität zu den Wirkprinzipien der Homöopathie ist es Mode geworden, deren therapeutische Wirksamkeit in Abrede zu stellen, obwohl die hierzu publizierte Evidenz für eine Wirksamkeit spricht“, schreibt Prof. Dr. med. Peter F. Matthiessen (1944- 2019), Sprecher des Dialogforums Pluralismus in der Medizin, in der Deutschen Zeitschrift für Onkologie. Tatsache ist, dass es über 100 randomisierte Placebo-kontrollierte klinische Studien und über 1000 experimentelle Studien gibt. Tatsache ist auch, dass diese Studien insgesamt eine methodische Qualität vergleichbar derjenigen von vielen schulmedizinischen Studien haben und das diese Studien eine Evidenz für eine Wirkung der Homöopathie  jenseits des Placebo-Effekts belegen.

Der Ende August 2019 veröffentlichte und lange zurückgehaltene erste Homöopathie-Forschungsbericht der australischen Gesundheitsbehörde zeigt, dass es Belege für Wirksamkeit (Evidenzstufe C) der Homöopathie bei diesen fünf Indikationen gibt: Fibromyalgie, Mittelohrentzündung, postoperativem Darmverschluss, Atemwegsinfektionen und Nebenwirkungen von Krebstherapien. Diese Daten wurden in der zweiten Version der Studie verschwiegen und es wird klar, dass wissenschaftliche Hinweise auf die Wirksamkeit  der Homöopathie häufig nicht veröffentlicht werden. Hintergründe zur sogenannten „australischen Studie“ hat der Bundesverband Patienten für Homöopathie zusammengefasst.

„Zur Schlussfolgerung, dass Homöopathie klinisch nicht wirksam sei, kann man nur kommen, wenn man 90 Prozent aller klinischen Studien zur Homöopathie ignoriert und nicht auswertet!“ sagt Professor Dr. Robert G. Hahn, schwedischer Anästhesist und Intensivmediziner, u.a. außerordentlicher Professor am Karolinska Institut bei Stockholm.

Fazit

Die homöopathische Medizin hat sich als Methode im Gesundheitssystem bewährt, das auf Therapiefreiheit und Therapievielfalt aufbaut. Patientensicherheit bedeutet: Qualitativ hochwertige homöopathische Arzneien, die durch Apotheken vertrieben werden und gut ausgebildete Ärzte, die homöopathische Medizin und konventionelle Medizin verbinden können. Durch den Einsatz homöopathischer Arzneien kann häufig auf konventionelle Medikamente verzichtet werden. In der Schweiz sind die homöopathische Medizin und weitere besondere Therapierichtungen seit zwei Jahren Regelleistungen der Grundversicherung, in der wissenschaftlichen Begründung heißt es: “Es liegen ausreichende Nachweise für die präklinische Effektivität und klinische Wirksamkeit der homöopathischen Medizin sowie für ihre Sicherheit und Wirtschaftlichkeit im Vergleich zu schulmedizinischen Behandlungen vor.“

Weitere Informationen zur Forschungslage: